Sonntag, 27. März 2011

HOMMAGE: NICOLAS ROEG


Kino ist mehr als die Summe seiner Teile und niemand hat das Kino so oft in Fragmente zerlegt und wieder zusammengesetzt wie Nicolas Roeg. Der britische Filmemacher gilt als einer der stillen Revolutionäre. Die Bekanntheit seines Namens schwindet, seine Handschrift schreibt sich immer weiter fort.

Er ist ein Gott, nicht nur an der Kamera, sondern in erster Linie auf dem Regiestuhl. Er gehört zu den Genies, die leider langsam in der Geschichte verschwinden, deren Schaffen aber durch ihre etlichen Epigonen weiterleben wird. Danny Boyle bezeichnet ihn als seinen Lieblingsfilmemacher, Chris Nolan verdankt ihm den Mut zur unchronologischen Erzählung und Steven Soderbergh zitierte die Sexszene aus "Don't look now" für seinen Film "Out of Sight". Unter den deutschen Filmemachern gehört Dominik Graf zu den großen Bewunderern. Seine Texte über Roeg sind immer lesenswert.

Ich sehe in ihm den einzigen Filmemacher, der das Medium völlig beherrscht. Wo andere das Theater, die Malerei, die Fotografie oder die Musik zur Hilfe holen, um ihre Geschichten zu erzählen, bei Roeg könnte man das alles streichen, auch wenn es in seinen Filmen auftaucht, letztendlich brauchen sie nur 24 Bilder pro Sekunde um lebendig zu werden. Seine Schauspieler spielen so natürlich, frei von sichtbaren Regieanweisungen. Seine Kamera bleibt bis zum Abspann unsichtbar, stellt sich nie selbst aus und fängt jede kleine Szene aus unzähligen Perspektiven ein. Seine Montage orientiert sich mehr an der Wahrnehmung des Menschen als an der eines Gottes. Objektive Erzählungen gibt es bei Roeg nicht. Jeder Handlung ist durchtränkt mit Lücken, Dopplungen und einem losgelösten Zeitempfinden. Jede wahrgenommene Regung evoziert Erinnerungen, Deja-Vus und Emotionen, die nur der Film sichtbar machen kann, indem er ein Bild an das andere reiht.







Roegs Filme lassen sich in keine Genres fassen, da sie vom Leben selbst handeln und sich keiner hermetischen Inszenierung hergeben. Das einzige was sein Werk trübt ist vielleicht der mäßige Erfolg, war doch keiner seiner Filme ein finanzieller Hit. Oft wurden seine Filme verrissen, von Studiobossen und Produzenten, wie auch von Kritikern. Doch er ließ sich nicht verbiegen und hat weitergemacht, was ihn letztendlich auch immer weiter ins Abseits beförderte. Auf seine monumentalen Filme der 70er folgten immer schwächere, kommerziell-verfärbte Produktionen, bis er in den 90er nur noch überwiegend fürs Fernsehen drehte.







2007 kehrte er mit "Puffball" zurück, der gewohnterweise von den Kritikern zerfleischt wurde. Dennoch war es das Comeback eines großen Künstlers, der selbst mit 80 Jahren nicht milder geworden war. Angeblich arbeitet Roeg gerade an einem Film namens "Night Train", der u.a. von Steven Soderbergh und Roegs Sohn Luc produziert wird. Der Film ist noch in der Vorproduktion, doch man darf hoffen, dass er gedreht wird.

Nic, wir erwarten ein Meisterwerk ...











Heimkino
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Auf dem deutschen Markt sieht es mal wieder durchwachsen aus, was Roegs Oevre angeht, unterdurchschnittlich. Eine Handvoll Filme sind zwar erhältlich, aber nur auf einzelnen DVDs unterschiedlichster Qualität. Gemeinsam haben sie alle, dass es kaum Extras gibt und alle nur in SD vorhanden sind. Die erste Roeg-Blu-Ray wird wohl im Herbst bei Arthaus erscheinen, dann wird nämlich der Meilenstein "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ("Don't look now") in HD veröffentlicht. Ein Tag, den man sich rot in den Kalender eintragen sollte.
Wer mehr HD-Futter braucht, muss seinen Blick über den großen Teich schweifen lassen. Dort hat das ehrwürdige Label Criterion bereits mit "The Man who fell to Earth"(ausverkauft!) und "Walkabout" zwei HD-Filme im Sortiment. Im Juni folgt sogar mit "Insignificance" ein dritter. "Bad Timing", der bei Criterion als DVD vorliegt, wird wohl auch bald folgen, von "Don't look now" ganz zu schweigen. Ein Liste erhältlicher Roeg-Film gibt es hier.


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